Für mich gehörten Qualitätsmanagement und leuchtende Augen schon immer zusammen. Und ich fragte mich oft, warum das so wenige Menschen ebenfalls fühlen.
Die Idee für eine inspirierende Toolbox entstand zusammen mit einem Kunden von mir, einem renommierten Sportwagenhersteller. Für den Workshop konzipierte ich einen Halbmarathon mit 21 Tools, welche sich am Manifest für Agiles Qualitätsmanagement orientierten. Dr. Sommerhoff von der Deutschen Gesellschaft für Qualität (DGQ e.V.) hatte gemeinsam mit dem praxisnahen Fachkreis dieses Manifest entwickelt und in dem Buch „Agiles Qualitätsmanagement. Schnell und flexibel zum Erfolg“ in sieben Schritten beschrieben, wie dieser Weg zum Agilen Qualitätsmanagement aussehen kann. Dieser Workshop kam so gut an, das Feedback war überwältigend und die Augen der beteiligten Personen leuchteten tatsächlich. Die Idee für mein Buch war geboren.
Warum ist Agiles Qualitätsmanagement wichtig?
Benedikt Sommerhoff bringt es auf den Punkt, warum das klassische Qualitätsmanagement an seine Grenzen stößt:
„Das klassische Qualitätsmanagement ist in einer Phase entstanden und ausgereift, als Unternehmen deutlich stabiler waren oder dafür gehalten wurden. Es wird den heute agierenden agilen Organisationen nicht gerecht. Das ist schädlich, weil das Qualitätsmanagement dort an Akzeptanz und Wirksamkeit verliert und somit auch Defizite bei der Produktqualität entstehen können.“
Das Manifest für Agiles Qualitätsmanagement bietet Antwortmöglichkeiten, welche in der nachfolgenden Grafik zusammengefasst sind. Auf der linken Seite sind die Kernelemente aus dem klassischen Qualitätsmanagement in Anlehnung an ISO 9001 zusammengefasst. Diese entwickeln sich im agilen Qualitätsmanagement weiter, was auf der rechten Seite sichtbar wird.
Was sind die Unterschiede zwischen dem klassischen und agilen Qualitätsmanagement?
Im agilen Qualitätsmanagement spielt die regelmäßige und kontinuierliche Interaktion mit bestehenden und potenziellen Kunden eine zentrale Rolle (=Kundeninteraktion). Die Qualitätsteams arbeiten weitestgehend selbstorganisiert; hierfür brauchen sie einen sicheren und unterstützenden Rahmen von ihren Führungskräften. Entscheidende Rollen und Kompetenzen wie beispielsweise Entscheidungskompetenz werden direkt auf Teammitglieder übertragen. Die Führungskräfte tragen aktiv zu einer lernenden und wertschätzenden Kultur bei (=dienende Führung). So ließ sich beispielsweise eine Führungskraft als Stärken-Coach ausbilden und war überrascht, wie positiv ihr Team darauf reagierte (siehe Toolbox, 3. Case Study „Wie die Ausbildung einer Führungskraft zum Stärken-Coach die Kultur im Qualitätsteam prägt“ – darin berichtet die Führungskraft von ihren Erfahrungen).
Auch Expertenwissen definiert sich neu. Statt definierter Kompetenzen und Befugnisse entscheiden die selbstorganisierten Teams, wen sie zu welchem Zeitpunkt hinzuziehen. Funktion und Rang der Person innerhalb der Organisation sind weniger entscheidend. Das Team weiß, welche Person sie in welcher Situation bestmöglich unterstützen kann (=interdisziplinäre Vernetzung).
Über Jahrzehnte hinweg stand der Ansatz der kontinuierlichen Verbesserung im Fokus. Diesen Gedanken gilt es nun, weiterzudenken; Lösungsansätze immer wieder neu zu hinterfragen, Mut zum ›weissen Blatt Papier‹ zu haben, Mut, sich von eingefahrenen Lösungsideen zu trennen und sich auf evolutionärem Weg immer neu zu erfinden. Vielleicht hilft das Bild des Schmetterlings, der sich vom Ei zur Raupe, dann zur Puppe, zum Kokon und schließlich zum Schmetterling entwickelt. Nicht kontinuierlich, sondern immer wieder neu und sprunghaft (=evolutionärer Ansatz).
An den evolutionären Ansatz knüpft die Iteration an, was bedeutet, dass immer wieder bis zu dem Punkt zurückzugegangen wird, ab dem eine Lösung oder Verbesserung überhaupt möglich ist. Iteratives Vorgehen im agilen QM kann mit dem Scheitern gut umgehen und produziert immer wieder neuartige Lösungen.
Schließlich steht die Frage im Raum, wie ehrlich wir im klassischen QM mit Zahlen, Daten und Fakten umgehen und ob wir wirklich den wahren Knackpunkt unserer Nutzerinnen und Nutzer beleuchten. Der Fokus liegt auf ›des Pudels Kern‹ – vom Kunden aus denkend (=knackpunktbasierte Lösungsfindung), was uns schließlich zum letzten Punkt bringt:
Agiles QM auf den Punkt gebracht – für begeisterte Menschen mit leuchtenden Augen
Im agilen Qualitätsmanagement ist der Fokus ganz klar auf die Bedürfnisse von Menschen und Interessengruppen ausgerichtet. Wir Qualitätsmanager wollen wirklich verstehen, was unsere Nutzergruppen bewegt. Was sind deren Qualitätsbedürfnisse? Das interessiert uns brennend; aus diesem Verständnis entwickeln wir Qualitätsmerkmale und die dazugehörigen Kennzahlen (=Menschenzentrierung). Damit mehr Begeisterung entsteht und die Augen unserer Nutzergruppen leuchten.
Mehr erfahren?
In der „Toolbox Agiles Qualitätsmanagement“ mit mehr als 80 Tools finden Sie zahlreiche Inspirationen und Beispiele aus dem Praxisalltag. Diese reichen von einem starken WARUM über Purpose, Value, User Stories, Personas bis zum Kanban-Board. In den einzelnen Kapiteln finden Sie immer wieder wertvolle Praxistipps und das Wichtigste auf einen Blick. Und Sie erhalten eine Grundstruktur, wie Sie in sieben Schritten zum Agilen Qualitätsmanagement in Ihrer Organisation kommen.
Ich wünsche Ihnen ganz viel Freude beim Erkunden und Ausprobieren und freue mich über Feedback.
Ihre Ulrike Margit Wahl