Geldscheine

Das Geld des Staates – Eine neue Sichtweise

Klimakrise, Pandemie, Arbeitslosigkeit, Armut, politischer Rechtsruck ― große gesellschaftliche Herausforderungen, die es zu lösen gilt. Dabei scheitern Reformen zumeist schon an der Frage: „Wie sollen wir das Geld dafür aufbringen?“. In der Tat hat wahrscheinlich keine Frage mehr politische Projekte und Reformen zu Fall gebracht als diese.

Der Korken im Geldhahn

Der (finanzielle) Handlungsspielraum des Staates wird chronisch unterschätzt. Grund dafür sind ökonomische Mythen und selbstauferlegte politische Regeln, wie etwa Schuldenbremsen oder starre Grenzen für Staatsdefizite. Mit diesen Regeln haben wir einen Korken in den Geldhahn gepresst, der den Geldzufluss verstopft und uns das Leben unnötig schwer macht. Wenn wir die oben genannten Probleme nachhaltig lösen möchten, müssen wir unser Verständnis von Geld erneuern und unseren Möglichkeitssinn für Wirtschaftspolitik erweitern!

Der Mythos Geldknappheit

Geld ist eine nützliche Erfindung – vielleicht eine der nützlichsten Erfindungen, die wir jemals gemacht haben. Leider scheint es, als hätten wir vergessen, wie wir diese Erfindung bestmöglich für unsere Gesellschaft einsetzen. Der öffentliche Diskurs wird von Mythen und Irrtümer dominiert, die den Eindruck erwecken, dass Geld eine knappe Ressource sei. Entsprechend solle ein Staat genauso haushalten, wie wir es mit unseren eigenen Finanzen tun – so die verbreitete Auffassung. Haushaltsdefizite und Staatsschulden seien demnach Ausdruck schlechter Wirtschaftspolitik und Sparsamkeit eine Tugend. Das Alles scheint aus unserer Sicht als Privatperson zwar intuitiv richtig, ist aber aus gesamtwirtschaftlicher Sicht irreführend. Es bedarf eines Perspektivwechsels!

Mit der Modern Monetary Theory (MMT) zum Perspektivwechsel

Die MMT, eine recht neue ökonomische Denkschule, ermöglicht genau das. Sie ist eine analytische Linse, durch die wir die gesamtwirtschaftlichen Zusammenhänge genauer erkennen und zu besseren Politikempfehlungen gelangen. Politikempfehlungen, die der Größe der gesellschaftlichen Herausforderungen gerecht werden können. Ausgangspunkt ist dabei die Funktionsweise des Geldsystems und die analytische Unterscheidung zwischen Währungsnutzern (z.B. Privatpersonen, Unternehmen) und Währungsherausgebern (z.B. Staaten).

Steuern finanzieren nicht die Ausgaben eines Währungsherausgebers

Eine zentrale Erkenntnis der MMT ist, dass ein Staat mit eigener Währung zur Tätigung seiner Ausgaben nicht von Einnahmen abhängig ist. Genau wie ein Kino seine Tickets erst erzeugt und ausgibt, bevor diese beim Kinoeintritt wieder eingezogen und entwertet werden, bringt der Staat seine Währung erst über Ausgaben oder Zentralbankkredite in Umlauf. Erst dann können Währungsnutzer damit Steuern bezahlen oder Staatsanleihen kaufen. Mit Staatsausgaben wird neues Geld in den Wirtschaftskreislauf injiziert, mit Steuerzahlungen wird Geld herausgezogen. Wenn Ausgeben vor Einnehmen kommt, dann können Steuerzahlungen und Verkäufe von Staatsanleihen logischerweise nicht notwendig sein, um Staatausgaben zu tätigen. Im Gegensatz zu unserem eigenen Privathaushalt sind die Ausgaben eines Währungsherausgebers also nicht durch Einnahmen begrenzt. Stattdessen sind die Ausgaben eines Währungsherausgebers ökonomisch durch die verfügbaren realen Ressourcen, z.B. Arbeitskraft oder Rohstoffe, und politisch durch selbst auferlegte Regeln, z.B. Defizit- oder Schuldengrenzen, beschränkt.

Der unterschätzte Handlungsspielraum des Staates

Die ökonomisch relevante Frage für die Umsetzung von Projekten ist also nicht „Wie sollen wir das bezahlen?“ sondern „Können wir die benötigten Ressourcen mobilisieren?“. Genau das ist der Zweck des Geldsystem: Es ermöglicht uns die Bewirtschaftung der vorhandenen Ressourcen zu organisieren. Vereinfacht gesagt: Wenn es Menschen gibt, die Arbeit suchen, und Tätigkeiten, die ausgeführt werden müssen, dann ermöglicht das Geldsystem, beides zusammenzuführen. Schaut man in die Eurozone, erkennt man schnell, dass beides gleichzeitig existiert: hohe Arbeitslosigkeit und hoher Arbeitsbedarf. Das liegt vor allem daran, dass die politischen Ausgabenregeln nicht sinnvoll sind, weil sie die Ausgabe von Euros künstlich zu stark verknappen. Die Konsequenz: Wir leben unter unseren Verhältnissen und diejenigen, die arbeitslos sind, zahlen dafür den höchsten Preis.

Den Staat und dessen Möglichkeiten neu denken

Wenn wir es allerdings schaffen, unser ökonomisches Denken umzukrempeln und die richtigen Fragen zu stellen, dann stehen uns ganz neue Möglichkeiten in Sachen Wirtschaftspolitik offen. Dann können wir uns um die Defizite kümmern, die tatsächlich wichtig sind ― etwa die Defizite in unserer Infrastruktur, im Bildungswesen, im Ausbau erneuerbarer Energien, im Pflegesektor oder in der sozialen Absicherung und nicht die Defizite in der Ausgabenbilanz des Staates!

Sie fragen sich nun sicher, wie vernünftige Ausgabenregeln aussähen, welche Funktionen Steuern und Staatsanleihen erfüllen, wie Staatsschulden aus dieser Sichtweise zu bewerten sind, was die MMT zu Inflation zu sagen hat und welche Reformvorschläge daraus abgeleitet werden können. All diese und weitere Fragen beantworte ich in dem Buch „Mythos Geldknappheit:

Mythos Geldknappheit, Bild des Buches mit Geld im Wasserhahn

Lesen Sie auch Maurice Höfgens Beitrag „MMT: Baustoff für Paradigmenwechsel„.

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