Die Arbeitswelt befindet sich mitten in einem epochalen Umbruch und der Trend New Work ist ein Ausdruck dafür. Spezifische menschliche Potenziale wie Kreativität, Eigeninitiative und die Fähigkeit zur Selbstorganisation rücken immer mehr in den Fokus. Die Sehnsucht, „ganz“ in der Organisation gesehen und angenommen zu werden, wird immer stärker. „Bring your whole self to work“ ist von Seiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die immer häufiger gestellte Forderung.
Die Beziehung zwischen Mensch und Organisation ist kompliziert. In unserer Arbeit mit Organisationen und Führungskräften beobachten wir immer öfter mehr Frust als Lebendigkeit und wir fragen uns immer häufiger: Wie realistisch ist die Erfüllung dieser einseitigen Sehnsucht des Menschen? Wie kompatibel ist sie mit der Funktionsweise von Organisationen? Ist es für Menschen überhaupt wünschenswert, wirklich „ganz“ wahrgenommen zu werden?
Führungskräfte als Bindeglied zwischen Mensch und Organisation
Führungskräfte sind dabei besonders gefordert. Sie sitzen quasi zwischen den Stühlen. Sie sollten beides im Blick behalten, sowohl die Mitarbeiterzufriedenheit wie auch den Erfolg der Organisation. Bei dieser Herausforderung unterstützen wir unter anderem mit folgenden Aspekten:
Die Schieberegler – ein Modell für eine gute Balance
Stellen Sie sich vor, für die Beziehung zwischen Mensch und Organisation stehen 100 Prozent Aufmerksamkeit zur Verfügung. Im einen Extrem hat der Mensch alle Aufmerksamkeit, wird mit allen Bedürfnissen wahrgenommen und kann diese im vollen Umfang leben. Das würde bedeuten, die Organisation käme vollumfänglich zu kurz. Das Ergebnis wäre wohl, dass sie bald zugrunde gehen würde, weil niemand darauf achtet, was die Organisation am Leben hält.
Der umgekehrte Fall ist genauso fatal: Hat die Organisation alle Aufmerksamkeit der Welt und es würde in keiner Weise auf die Bedürfnisse der Menschen geschaut werden, könnten sie ihre Potenziale nicht entwickeln und sich entfalten. Über kurz oder lang gäbe es wohl bald keine gesunden, motivierten Mitarbeiter, die bereit sind, für die Organisationsziele zu arbeiten.
Beziehungsgestaltung ist Veränderung im organisationalen Wertegefüge
Sich als Mensch ganz zu entfalten und sich gleichzeitig ganz in den Dienst der Organisation zu stellen, funktioniert also nicht. Eine Beziehung einzugehen, bedeutet immer auch Einschränkung. Im Gegensatz dazu ermöglicht viel Raum für die Organisation mit einer Ausrichtung auf den organisationalen Zweck, mit formalen, nachvollziehbaren Prozessen und vorhersagbaren Ergebnissen gleichzeitig weniger Entfaltungsraum für den Menschen. Ziel ist es, zu einer passenden Verteilung der verfügbaren Aufmerksamkeit zu kommen – zu einem „Sowohl-als-Auch“, damit es für beide Seiten passt.
Resonanz, die neue Organisationskultur
Auf der Suche nach der Antwort auf die Frage, was Führungskräfte konkret tun können, um an der Qualität der Beziehung zwischen Mensch und Organisation zu arbeiten, sind wir auf die Resonanztheorie von Hartmut Rosa gestoßen. Als Resonanz bezeichnet er die Art und Weise, wie wir mit der Welt in Beziehung treten. Rosa sagt, die Sehnsucht nach Ganzheit sei ein Wunsch nach Resonanz, d.h. nach einer lebendigen Beziehung zu Arbeit und Organisation. Resonanz ist auch eine Voraussetzung für eine gelingende Transformation, die tiefgreifende Veränderungen ermöglicht.
Wie kann Resonanz in Organisationen gelingen? Indem Führungskräfte dafür sorgen, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter berührt werden von dem, was sie erleben. Dass sie offen sind und in Resonanz mit den Erfordernissen der Organisation gehen. Dass sie Selbstwirksamkeit erleben und Veränderung zulassen – die eigene und auch jene der Organisation.
Sind Sie neugierig geworden?
Das Buch „Being in Organizations“ geht auf die Funktionsweise von Organisationen und die Bedürfnisse des Menschen ein und zeigt anhand der Theorie der Resonanz von Hartmut Rosa konkrete Möglichkeiten der lebendigen Beziehungsgestaltung.