Alles eine Frage der Perspektive.
Die Abteilung war zerstritten. Es gab Allianzen zwischen Teamleitern und offene Konflikte. Der Abteilungsleiter hatte seine Favoriten und mit anderen konnte er gar nicht. Der Auftrag war, gemeinsam mit dem Abteilungsleiter die Konflikte zu klären. Der Coach begann mit Einzelgesprächen. Dabei fiel ihm auf, dass jeder der Beteiligten eine glaubwürdige Darstellung der Ereignisse hatte und dennoch passte alles nicht zusammen. Wie konnte das sein?
In der eigenen Realität gefangen
Wenn Sie selbst einmal einen Streit geschlichtet haben, dann werden Sie vermutlich etwas Ähnliches erlebt haben. Der Grund dafür ist, dass Menschen sich ihre eigene Realität bauen. Dabei verkürzen sie die Geschichte und kommen zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen. Eine einvernehmliche Lösung ist aber nur dann möglich, wenn die Beteiligten gemeinsam die Realität erkennen, sie offen für andere Standpunkte sind und sich überzeugen lassen.
Komplexität unserer Welt
In einer zunehmend komplexer werdenden Welt ist das anspruchsvoll. Die Politik bietet uns täglich Anschauungsbeispiele: Humanitäre Hilfe für die Menschen in Syrien soll sichergestellt werden. Die eine Seite schlägt zwei Korridore vor, die andere Seite will nur einen. Dabei reden die Seiten übereinander nicht miteinander. Es fehlt der verbindende Blick auf das größere Ganze. Am Ende gewinnt der, der den Druck länger aushält – oder dessen Ruf eh schon ruiniert ist. Das Tragische dabei ist, dass wir uns daran gewöhnt haben und von Politik nicht viel anderes erwarten.
Co-Creation bedeutet Wandel im Denken, Fühlen und Handeln
Die Corona-Krise hat uns so deutlich wie noch kein anderes Ereignis vor Augen geführt, wie eng wir miteinander vernetzt und voneinander abhängig sind. Nun braucht es neue Wege der gemeinsamen Lösungsfindung. Co-Creation steht für einen Wandel im Denken, Fühlen und Handeln der Menschen. Dieser erwächst aus der Einsicht, dass wir in unserer Art und Weise Probleme anzugehen, zunehmend hilflos wirken.
Technologie macht Lösung nicht nur einfacher
Auch Wissen und Innovation helfen nicht immer. Oft scheint es, dass die Problemlösung nicht trotz, sondern durch den technologischen Fortschritt jeden Tag komplexer wird. Innovationen lösen Folgeinnovationen aus, sodass die Menge an zur Verfügung stehenden Möglichkeiten exponentiell wächst. Technischer Fortschritt kann uns dann helfen, wenn die geeigneten Lösungen gefunden und angewendet werden können. Diese zu überblicken und die Richtigen auszuwählen wird immer schwieriger. Allein sind Individuen mit dieser Aufgabe überfordert. Es braucht Menschen, die sich in geeigneter Weise verständigen, um miteinander die richtigen Wege in die Zukunft zu finden
Mit Co-Creation gemeinsam(e) Potenziale entfalten
Der Neurowissenschaftler Gerald Hüther sagt dazu „Wenn sich Menschen verbinden, wenn sie gemeinsam ihre Potenziale entfalten, dann entsteht etwas, das mehr ist als Kooperation. Dann können wir von Co-Creation sprechen“. (Hüther, 2016)
Das Neue entsteht aus der Verbindung, es «emergiert». Man könnte sagen, wenn sich Menschen miteinander und in einem Ziel verbinden, wenn Sie eine Sache zusammen verstehen, dann haben sie die Macht die Dinge zu ändern. Denn Menschen besitzen Weisheit, Abwägung, Erfahrungen und Werte. Sie können zielgerichtetes Handeln miteinfliessen lassen und damit das nutzen, was uns Menschen im Kern ausmacht: Einmaligkeit, Kreativität, Unberechenbarkeit und manchmal überraschende Irrationalität, aus der Neues entstehen kann.
Diese Momente nennen wir Co-Creation: Die menschliche Verbindung zur Schaffung weiterführender Werte. Co-Creation, die nicht dem Zufall überlassen wird, sondern sie bewusst herbeizuführen, sie zu nutzen und aus ihr zu lernen. Zitat: Hüther, G. (Mai 2016). Schule der Zukunft. Kongresshaus Zürich.
Sie möchten mehr über Co-Creation erfahren?
In seinem Buch „Co-Creation“ erklärt Georg Michalik die Grundlagen, stellt exemplarische Wege der Umsetzung vor und zeigt, worauf man bei der Einführung und Umsetzung des Co-Creation-Prozesses achten sollte.