Mit Architectural Innovation Design lösen wir uns von zwei Annahmen im Innovationsmanagement. Erstens ist die menschliche Kreativität und Motivation, die zu neuen Ideen führt, kein rein kognitiv erfassbarer Entscheidungsprozess, der entsprechend modelliert und in Flowcharts abgebildet werden kann. Entwerfen und Gestalten, das Design eines Innovationssystems, ist nicht von einer Design-Praxis zu lösen. Wesentlich darin sind: Intuition, räumliche Intelligenz, Form und Ästhetik nonverbaler Grenzobjekte, ganzheitliches und holistisches Denken sowie die Fähigkeit zur Synthese – die Entwicklung eines zusammenfassenden (und überraschenden) Themas.
Die zweite Annahme, von der wir uns verabschieden, ist, dass der Mensch ein homo oeconomicus ist. Der Mensch kreiert und schafft. Er ist ein homo creativus, wie Richard Florida feststellt, und kein homo oeconomicus, dessen Ziel es ist, ein Ergebnis zu maximieren. Der kreative und innovative Mensch stellt den Status quo infrage und akzeptiert nicht, was gegeben ist. Er bricht aus dem Rahmen aus, ungeplant, intuitiv, ungeachtet der Hierarchien oder Grenzen einer Organisation. Der physische Raum ermöglicht solche Ausbrüche, das Explorieren und Teilen intangiblen Wissens. Der virtuelle Raum entwickelt sich ebenfalls in diese Richtung. Daher ist ein räumliches Denken über unsere Organisationen und Prozesse so zentral, um Umgebungen für den innovativen Menschen zu entwickeln.
In drei Phasen zur Transformation – ein räumliches Modell der Orientierung
Die Methode des architektonischen Innovationsdesigns (AID) führt in dieses räumliche Denken und Entwerfen ein. Sie konzentriert sich auf die Analyse des Kontexts, die Konstruktion der Organisation als räumliches Modell und die Gestaltung ihrer Innovationsprozesse als emergentes System (Darstellung der AID-Phasen s. Abbildung). Die entstehenden Modelle sind Werkzeuge zum Denken und Ergebnis dieses Prozesses. Sie binden kontinuierlich Beteiligte aktiv ein und sind offen für Anpassungen.
Die AID-Phasen
Das Kontextdesign
In der Phase des Kontextdesigns werden Informationen und Wissen über das Umfeld einer Organisation und ihre einzigartige Struktur aufbereitet. Der Kontext ist sowohl gegebene Bedingung als auch Gegenstand der Gestaltung. Er kann von einer Organisation beeinflusst und verändert werden in Richtung der Zukunft, die sie erreichen und mitgestalten will. Das mentale Bild, das Einzelne von ihrer Organisation haben, wird sichtbar gemacht, um ein gemeinsames Verständnis für anzugehende Herausforderungen zu schaffen und eine Vision aufzubauen.
Zeichnet sich beispielsweise ein Fokus auf operativem Handeln ab, dürften sich Innovationsbestrebungen daran ausrichten. In Analogie zum Gebäudeentwurf liegt die Gestaltungsabsicht damit auf dem Erstellen von Räumen, die ihre Funktion erfüllen. Die Gestaltung zielt nicht auf eine Architektur, also darauf, ein System von interagierenden Elementen zu schaffen, die sich gegenseitig beeinflussend zu einem Mehr, einer Emergenz führen. So steht die Parkgarage als reine Funktionserfüllung dem Spielfeld oder der Bühne als Möglichkeitsraum gegenüber.
Das Strukturkonzept
Das Strukturkonzept stellt die bestehenden Innovationsprozesse einer Organisation als mehrdimensionale Struktur dar. Menschen und soziale Interaktionen sind für Innovationsprozesse entscheidend. Der Austausch von implizitem, nicht sichtbar greifbarem Wissen, die Entstehung einer innovativen Idee durch Diskurs oder zufällige Begegnungen hängen von relationalen und räumlichen Beziehungen ab. Darüber hinaus muss die Dynamik innerhalb einer Organisation erfasst werden. Die Wege, die eine Idee und ein Projekt innerhalb einer Organisation zurücklegen, werden als materielle und immaterielle Ströme dargestellt. Die Struktur ist der »Default-Status« einer Organisation. Er prägt sichtbar und unsichtbar das Verhalten, die Interaktionen und die Beziehungen der Mitarbeitenden.
Das Transformationsmodell
Das Transformationsmodell ist ein visuelles, mehrdimensionales Innovationssystem, das aus den Knotenpunkten und Verbindungen besteht, die Innovationsprozesse durchlaufen können. Dazu werden vorläufige Konfigurationen entworfen, aus verschiedenen Perspektiven betrachtet, übereinander gelegt und diskutiert. Die Konfiguration von Knoten in relationaler und räumlicher Nähe vermittelt auch die Innovationskultur. Zum Beispiel können durch die Zentrierung verschiedener Einheiten, die Ausrichtung der Organisation auf diese – und damit ihr Hierarchieverständnis – kommuniziert werden.
Das Transformationsmodell ist Vorschlag, Prototyp und Orientierung. Als Prototyp der künftigen Organisation wird er getestet und weiterentwickelt. Als Orientierung dient er dem Abgleich mit der Realität und den Mitarbeitenden in ihrer »Standortbestimmung«. Es erlaubt Mitarbeitenden, sich selbst in Relation zu sehen und zu setzen sowie ihre Entwicklungsmöglichkeiten wahrzunehmen. Mitarbeitende, Teams, Departments können ihre Wirksamkeit erfahren, lenken oder stärken.
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