Arbeiten von überall – was für Selbstständige scheinbar schon immer möglich war, wird auch für Angestellte zunehmend üblicher. Was man bei „digitalen Nomaden“ vor Corona noch als exotisch empfunden hat, wird mit Workation-Angeboten der großen Reiseanbieter fast schon normal. Aber der Chef oder die Chefin, die heute aus dem Büro, morgen von zu Hause und übermorgen gar aus dem verlängerten Wochenende in Österreich arbeitet? Das geht doch nicht!
Und ob. Das muss sogar gehen!
Denn wenn hybrid gearbeitet wird, erfordert das zwangsläufig auch eine hybride Führung. Unternehmen sprechen von neuem Arbeiten, wenn sie feste Arbeitsorte „auflösen“. Es geht also auch um Flexibilisierung wie bei neuen Zeitmodellen – allerdings diesmal um den Arbeitsort. Agiles und mobiles Arbeiten wird oft miteinander in einen Zusammenhang gebracht. Von hybridem Arbeiten sprechen wir, wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von verschiedenen Orten aus und damit sowohl mobil als auch in Präsenz vor Ort gleichzeitig zusammenarbeiten.
Hybride Führung in der Praxis
In den nächsten zwei bis drei Jahren rechnen etwa drei von zehn Unternehmen damit, dass mehr als 70 Prozent ihrer Mitarbeitenden mobil arbeiten werden (vor Covid-19 waren es nur etwa 10 Prozent der Unternehmen), und fast die Hälfte (48 Prozent) der Unternehmen sagt, dass ihr Gesamtbüroflächenbedarf um mindestens 10 Prozent sinken wird. Darüber hinaus erwarten etwa 45 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter künftig drei oder mehr Tage pro Woche von einem anderen Standort aus zu arbeiten – dies deutet auf einen schnell wachsenden Trend zu einem hybriden und kooperativen Arbeitsplatz-Modell hin.
Hybride Führung bezieht sich auf eine Führungspraxis, bei der Führungskräfte flexibel zwischen virtuellen und persönlichen Interaktionen mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wechseln und dabei Technologie und persönliche Kommunikation kombinieren, um ein effektives Führungserlebnis zu schaffen.
- Satya Nadella, CEO von Microsoft, hat hybride Führung zu einem Schwerpunkt in seiner Führung gemacht, insbesondere während der COVID-19-Pandemie. Er hat die Bedeutung von Flexibilität und Technologie in der Arbeitsplatzgestaltung betont und auch betont, wie wichtig es ist, menschliche Interaktionen und Beziehungen aufrechtzuerhalten.
- Marillyn Hewson, ehemalige CEO von Lockheed Martin, lebt hybride Führung, indem sie regelmäßig virtuelle Meetings und persönliche Interaktionen mit ihren Mitarbeitenden kombiniert hat. Sie hat auch betont, wie wichtig es ist, die Kultur und Werte des Unternehmens aufrechtzuerhalten, wenn man von einem traditionellen Büro-Setup zu einem hybriden Modell wechselt.
- Jeff Weiner, ehemaliger CEO von LinkedIn, wirbt dafür, wie sehr hybride Führung die Mitarbeitenden motiviert, weil eben die Vorbildfunktion so relevant ist. Er hat auch die Vorteile von Technologie betont, um eine effektive Kommunikation und Zusammenarbeit zu ermöglichen, sowie die Notwendigkeit, menschliche Interaktionen aufrechtzuerhalten, um eine starke Unternehmenskultur zu schaffen.
Hybride Führung als Vorbild für flexibles Arbeiten
Führungskraft zu sein, bedeutet nicht, allzeit verfügbar zu sein. Im Gegenteil: Als Führungskraft werde ich für mein Ergebnis bezahlt, nicht in erster Linie für meine Präsenz. Anwesenheit ist nicht gleich Leistung. Doch irgendwie scheint dieser Gedanke immer noch in vielen Köpfen zu stecken.
Führungskräfte sind auch nur Menschen. Besser streichen wir das „nur“. Denn wenn wir uns alle als gleichberechtigte Mitglieder eines Teams verstehen, dann müssen wir auch Führungspositionen einbeziehen. Stabile Beziehungen stärken den Zusammenhalt im Team ebenso wie gemeinsame Erfahrungen. Eine Führungskraft, die selbst je nach Lebensphase unterschiedlich viel oder zeitlich anders organisiert arbeitet, ist ein besseres Vorbild für flexibles Arbeiten und hat gleichzeitig mehr Verständnis für die Wünsche und Bedürfnisse der Mitarbeitenden. Nur wenn Führungskräfte auch auf die eigenen Bedürfnisse achten können, haben sie die Power und die Zeit, dies auch bei anderen zu tun. Entscheidend ist also die Einstellung – dann klappt’s auch mit der Umsetzung.
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Lesen Sie auch die ersten beiden Beiträge der Autorin: „Ich bin dann mal weg #1 – Das Family-first Prinzip“ und „Ich bin dann mal weg #2 – Führungskraft trifft Sabbatical“.
Besonderheiten von Auszeiten speziell für Führungskräfte: Das Buch „Lebensphasenorientiertes Leadership“ beschreibt die verschiedenen Modelle, informiert über die rechtlichen Rahmenbedingungen und zeigt, wie man trotz Auszeit relevant bleibt.