Die meisten Digitalen Plattformen scheitern
Kollegen der Harvard-Universität untersuchten mehrere hundert Digitale Plattformprojekte und machten die ernüchternde Feststellung: Die meisten davon scheiterten kläglich. Dazu gehören Start-ups, aber auch prominente Vertreter wie Microsoft, Google und SAP. Ebenfalls waren auch Unternehmen gescheitert, die zuvor bereits Digitale Plattform erfolgreich eingeführt hatten. Bisheriger Erfolg war also nur ein geringer Grund, wieder erfolgreich zu sein.
Ursache: Das Henne-Ei-Problem
Die Ursache für das Scheitern ist fast immer dieselbe. Es gelingt im Rahmen der Markteinführung nicht, eine kritische Masse an Teilnehmenden zu gewinnen. Denn: Damit eine Digitale Plattform den Teilnehmenden Nutzen bieten kann, muss sie ausreichend Interaktionen ermöglichen können. Während der Markteinführung sind in aller Regel aber weder Produzenten noch Konsumenten vorhanden.
Für Microsoft wurde das Henne-Ei-Problem bei der Einführung der eigenen Smartphone-Plattform Windows Phone zum Verhängnis. Zum Marktstart waren im zugehörigen Windows Phone Store kaum Apps vorhanden. Für Konsumenten ein triftiger Grund der Plattform fernzubleiben. Wieso auch zu Windows Phone wechseln, wenn man dort nicht einmal die YouTube, Google Maps oder aktuelle Spiele nutzen kann? Für App-Entwickler gab es keinen Grund ihre Apps auf Windows Phone zu vertreiben, denn es waren ja kaum Nutzer vorhanden.
Eine Plattform ohne Konsumenten zieht keine Produzenten an; eine Plattform ohne Produzenten zieht keine Konsumenten an.
Strategien zur Lösung des Henne-Ei-Problems
Zur Lösung der Henne-Ei-Problematik haben sich zwei Vorgehensweisen bewährt. Erstens lässt sich die Strategie Begrenzter Start nutzen. Die Plattform wird in einem zunächst sehr eng abgesteckten Teilmarkt eingeführt. Dort kann eine kritische Masse schneller und unter geringerem Ressourceneinsatz erreicht werden als im Gesamtmarkt. Dann erfolgt die schrittweise Expansion in angrenzende Teilmärkte, bis schließlich der gesamte Markt erschlossen ist.
Die Social-Media-Plattform Facebook nutzte die Strategie Begrenzter Start besonders erfolgreich. Sie konzentrierte sich zunächst nur auf Studierende der Harvard-Universität. Erst nachdem mehr als die Hälfte der Studierenden angemeldet war, wandte man sich Studierenden der US-Universitäten Stanford und Columbia zu. Nachdem es Facebook auch dort gelang, Studierende für die Plattform zu gewinnen, expandierte es Schritt für Schritt an andere Hochschulen des Landes, dann in andere Länder, und so weiter.
Zweitens lässt sich die Strategie der Strategischen Öffnung anwenden. Dabei betreibt man die Plattform zunächst ohne Produzentenseite, und bietet Konsumenten alleinstehenden Wert. Sobald ausreichend Konsumenten gewonnen sind, erfolgt die Öffnung der Plattform gegenüber der Produzentenseite. Vor der Öffnung steht die Plattform also für die Produzenten ein, indem sie eigene Werteinheiten erstellt und vertreibt.
Eine Plattform, bei der die strategische Öffnung hervorragend funktionierte, ist die Apple iPhone-Plattform. Apple verkaufte das iPhone ursprünglich als alleinstehendes Produkt; alle Apps wurden entweder direkt von Apple oder in enger Kooperation mit einer Handvoll Unternehmen entwickelt.
Erst ein Jahr nach der Markteinführung öffnete Apple mit der Ankündigung des App Store die Plattform für Drittunternehmen. Diesen wurde dann erlaubt, eigene Apps zu entwickeln und über den App Store zu vertreiben.
Digitale Plattformen: Gehen Sie im Rahmen der Markteinführung besonders strategisch vor
Viele Digitale Plattformen scheitern, weil es nicht gelingt, eine kritische Masse an Konsumenten und Produzenten zu gewinnen. Verursacht wird dies durch das Henne-Ei-Problem: Zu Beginn kann die Plattform kaum Nutzen bieten, da weder Produzenten noch Konsumenten vorhanden sind. Zur Lösung bieten sich zwei Strategien an: Begrenzter Start und Strategische Öffnung. Vermeiden Sie in jedem Fall, eine Einführung der Plattform unter gleichzeitigem Einbezug aller Marktseiten.
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