In unserer Arbeitswelt gibt es ein vorherrschendes Prinzip –die Rationalität. Der Begriff kommt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie Vernunft oder auch Berechnung. Neben aller Rationalität ist Arbeit aber auch etwas Menschliches. Alles andere, was auf diesem Planeten existiert, hat keinen Beruf– zumindest nicht bewusst. Ein Mensch zu sein ist wiederum auch ein biologisches Prinzip, das eine Besonderheit mit sich bringt: Gefühle! Weil wir existieren, fühlen wir auch. Genauso wie wir atmen, blinzeln oder unser Herz schlägt.
Die Zwickmühle unserer Arbeitswelt
Und schon sind wir bei einem der größten Widersprüche unserer Zeit. Nämlich, dass wir uns meistens bemühen, möglichst wenig Gefühle zu zeigen oder zu fühlen, wenn es um unsere berufliche Tätigkeit geht. Oder sinngemäß weniger zu atmen, zu blinzeln oder unser Herz schlagen zu lassen. So wenig wie wir kontrollieren können, dass wir atmen, können wir kontrollieren, dass wir fühlen. Wir können unsere Gefühle zwar abstellen, herabsenken und damit negative Emotionen von uns fernhalten. Das bedeutet dann aber leider auch, dass wir unsere positiven Gefühle wie Motivation, Leidenschaft oder Freude mindern. Denn Gefühle zu unterdrücken, sie von uns fernzuhalten funktioniert nicht einseitig.
Soziale Interaktion erzeugt viele Gefühle
Auch wenn es uns oft nicht bewusst ist, gehen wir bei der Arbeit viele unterschiedliche Beziehungen ein – unabhängig davon, welche Rolle wir an unserem Arbeitsplatz einnehmen. Diese Beziehungen wiederum haben eine emotionale Qualität und Bedeutung für uns. Wir alle können spüren, wie gut, sicher oder vertraut wir uns im Umgang miteinander fühlen. Das wiederum entscheidet über unser Wohlgefühl (oder das Gegenteil davon) bei der Arbeit. Für die meisten von uns entsteht diese Qualität zufällig. Wenn wir Glück haben, verstehen wir uns gut, wenn wir Pech haben, sind wir nicht gut aufeinander zu sprechen oder gehen uns aus dem Weg.
Wir können Gefühle regulieren
Weil wir bei der Arbeit so viel planen und kontrollieren können, haben wir oft eine ähnliche Auffassung, wenn es um Gefühle geht. Wenn wir uns an unserem Arbeitsplatz nicht wohl fühlen, verfolgen wir häufig die Idee, unsere Gefühle innerlich zu kontrollieren. Unser Ziel ist dabei eigentlich immer, etwas Bestimmtes nicht zu fühlen, es los zu werden, es abzustellen. Wie oben schon beschrieben, ist das leider nicht möglich. Was wir allerdings können, ist Einfluss auf diese Vorgänge auszuüben. Wir können uns entscheiden, wie tief oder schnell wir zum Beispiel atmen. Übertragen auf unsere Gefühle bedeutet das, dass wir lernen können, mit ihnen umzugehen, sie zu nutzen und in uns selbst zu beeinflussen. Das nennen wir Regulation.
Emotionale Regulation ist ein Lernprozess
Gefühle zu verstecken oder zu versuchen sie nicht zu fühlen, hat im Grunde genommen nichts mit Regulation zu tun. Diese Idee zielt eher darauf eine innere Stau-Mauer zu errichten, die alles zurückhält. Das geht sogar, staut aber immer auch unsere Stärken und positiven Ressourcen. Innere, emotionale Regulation ist an sich gar nicht so schwer oder kompliziert. Vielmehr sind wir alle meistens nicht sehr geübt darin, diese auszuüben. Wie können wir das verändern? Zum einen brauchen wir mehr Verständnis und Aufmerksamkeit dafür, dass es so etwas wie emotionale Regulation überhaupt gibt. Das öffnet die Idee in uns, dass wir Einfluss auf unsere inneren Vorgänge nehmen können. Zum anderen brauchen wir Know-how, Wissen und Anleitung wie wir lernen können, unsere Fähigkeiten der emotionalen Regulation zu verbessern.
Teams sind emotionale Herausforderungen – immer
In unserer derzeitigen Arbeitswelt gibt es ein vorherrschendes Arbeits- und Organisationsprinzip: das Team. Funktionierende Teams sind in der Lage außerordentliche Leistungen zu erbringen. Sehr häufig werden sie wie etwas Äußeres betrachtet, wie funktionale Einheiten, die wir sachlich, technisch beeinflussen können. Dabei bestehen Teams immer aus Menschen, die (Arbeits-) Beziehungen eingehen, die wiederum eine emotionale Qualität haben. Wenn es also im Team nicht rund läuft, hat das sehr viel häufiger mit Gefühlen und der vorhandenen Beziehungsqualität zu tun. Und nicht so sehr mit äußeren, technischen Faktoren. Wenn wir leistungsfähige und positiv gestimmte Teams wollen, dann brauchen wir Know-how, wie wir unsere Gefühle regulieren können, um damit die Beziehungsebene in Teams konstruktiv gestalten zu können. Denn positive Selbstregulation ist nicht nur gut für uns, sondern auch für alle anderen, die mit uns zu tun haben.
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