Die Spaltung der Gesellschaft wächst. Erosion bisheriger Ordnungen bewirkt Verlustängste. Politiker gewinnen durch vereinfachende Weltbilder. Geringe Kreativität „wir haben recht und sind gegen die anderen: wählt mich, dann sind wir stärker“ führt zu sicheren Stimmen und einer gesicherten Politikerpension. Und zu Stillstand bei wichtigen Reformfeldern. Umbruchszeiten erfordern aber neue Führung. Orientierung an Vergangenem genügt nicht. Echte Führung beginnt, wenn es an Lösungen geht. Echte Lösungen integrieren die Bedürfnisse sowohl konventioneller wie auch postkonventioneller Orientierungen.
Um fundamentale Umwälzungen zu bewältigen, muss eine mehrdimensionale Systemsicht angewendet werden, die vereinfachende Überzeugungen eindimensionaler Bezugsgruppen überwindet. Die Chance ist, Trends schneller aufgreifen zu können und statt in Pattsituationen wie Großbritanniens Brexit durch Polarisierungen billig zu punkten, wichtige gesamtgesellschaftliche Themen umzusetzen. Anpacken muss man die Themen ohnehin. Beginnt man gleich integrativ, reduziert man überflüssige Reibung. Die Kraft kann voll auf die Lösungssuche konzentriert werden. Statt Ideen in rechts und links einzuordnen, kann undogmatisch ihre Lösungstauglichkeit geprüft, schneller ausprobiert und echter Fortschritt erreicht werden. In China funktioniert Elektromobilität bereits, in Singapur finden wir eine geordnete Infrastruktur mit E-Scootern, in Dubai fliegen die ersten Volokopter.
Führungskräften wächst hier eine doppelt wichtige Aufgabe zu
Unternehmen haben in dieser Umbruchssituation eine zunehmende Verantwortung: Wie verbessern wir das Gesundheitswesen, wie gestalten wir Verkehr und Klimaschutz? Während die Politik Posten durch Polarisierungen sichern will, hat die Wirtschaft bereits jetzt eine völlig neue Gestaltungsaufgabe für die Gesellschaft. Viele etablierte Unternehmen sind selbst in einer Transformation in unübersichtlichen Rahmenbedingungen und geben gleichzeitig Orientierung. Nachhaltigkeit, Gender-Equality, lebenslange Weiterbildung und Zugang zu Bildung: Taktgeber sind hier zukunftsorientierte Unternehmen. Das erfordert ein grundlegend neues Führungsverständnis.
Erfolgreiche Unternehmer verlassen daher heute ihre Vorstandsetage, um die Trends in der Gesellschaft und die Bedürfnisse der Kunden zu verstehen und an der Seite ihrer Mitarbeiter direkt an Erfindungen und der Gestaltung neuer Angebote und Geschäftsmodelle mitzuarbeiten. Die CEOs von Apple, Amazon, Microsoft und Google tragen selbst zu den Firmenpatenten bei. Die drei häufigsten Wörter in ihren Patenten sind „user“, „system“ und „information“, es ist also holistisches Kundenverständnis gefragt.
Die Anforderungen an Top-Jobs haben sich damit radikal gewandelt
Bisher war in Deutschland der CEO mit CFO Vergangenheit die klassische Karriere. Eine gute Quartalsplanung auf der Basis vergangener Erfolge sicherte den Bonus und die Vertragsverlängerung. Nun ist eine Marketing- oder Kundenperspektive Garant für das Verständnis der Trends. Völlig neue Geschäftsmodelle wie AI, Wasserstoff-Mobility und Digital Health verlangen den Chef als Inspirator. Die kommunikative Fähigkeit, die zunehmend knappen Talente anzuziehen und für die gemeinsame Aufgabe zu begeistern ist jetzt wichtiger, als Kapitalgeber zu pampern. Denn Kapital ist heute im Überfluss da, Talent als knappe Ressource wird zum Treiber des Aktienkurses. PayPal ist mehr wert als alle deutschen Banken zusammen, Tesla mehr als BMW, Daimler und VW. Während Tesla in Berlin investiert, kündigt Daimler zeitgleich ein Sparprogram an. Jetzt sind Turnaround-Fähigkeiten gefragt.
Welche Rezepte und Fähigkeiten benötigt eine erfolgreiche Führungskraft zum Turnaround? Welche Tools stehen uns zur Verfügung? Wie schafft man es, in einer in der Vergangenheit erfolgsverwöhnten Organisation die organisationalen Kompetenzen umzubauen? Eines vorweg: Dies gelingt eben nicht dadurch, dass man mehr von den Rezepten anwendet, die nicht mehr funktionieren.
Trends erkennen, Orientierung und Sinn in Unsicherheit geben zu können und Mitarbeiter durch gute Kommunikation gewinnen ist die neue Kernaufgabe. Kontrolle bleibt logischerweise wichtig, findet aber nun anders statt, durch agile Projektsteuerung, schnelle Marktrückkopplung durch Design Thinking und kontrolliertem Test von Geschäftsmodellen mit Lean Startup.
Konzentration auf den eigentlichen Unternehmenssinn
Neben den Tools und den analytischen Fähigkeiten der Führungskräfte werden die emotionalen Kompetenzen wichtiger: Das rasche Verständnis von Markttrends, Kunden und Mitarbeitern verlangt ein höheres Maß an intuitiven Fähigkeiten. Und die sind zum Glück genauso erlernbar und durch Übung zu festigen wie die analytischen Fertigkeiten.
Erfolgsbeispiele von Unternehmen, die mit deutlichen Einsparungen bei Aufwand und Kontrolle signifikant bessere Ergebnisse erreichen, mehren sich. Der fundamentale Wandel in der Führungskultur führt in dem zunehmend turbulenten Umfeld zu einem neuen Führungsstil. Was passiert hier, wie kann man davon lernen, um die eigene Führung zu verbessern?
Letztendlich führt die Neuorientierung zu einer Konzentration auf den eigentlichen Unternehmenssinn statt auf Profite und kurzfristigen Shareholder Value. In einer Welt, in der Millennials sowohl ihren Arbeitsplatz wie auch ihre Geldanlage nach den ESG-Kriterien aussuchen, ist es sowohl für Investmentfonds wie auch Arbeitgeber schlicht profitabler, ethisch zu führen. Vertrauenswürdige Organisationen haben Vorteile in Kundenbindung, Mitarbeiterattraktivität und Innovationsnetzwerken, die zu höheren Rückflüssen an Shareholder führen.
Neue Führung: Warum ist das sinnvoll?
Diese Neuausrichtung hebt die Fehlsteuerung aus der Betonung der auf Quartalsergebnisse ausgerichteten Unternehmensoptimierung auf. Unternehmen nehmen heute in der globalisierten Welt eine Rolle ein, die nicht zu überschätzen ist. Kaum noch regulierbar durch Regierungen und öffentliche Behörden, sind Unternehmen heute weit wichtiger als nur für die bloße Produktion von Wirtschaftsgütern, Dienstleistungen und Profite. Die Bedeutung der Wertschöpfung, Innovationskraft und Produktivität ist deswegen so enorm wichtig für unseren Wohlstand, da die gesellschaftlichen Aufgaben nur mit einer verantwortlichen Wirtschaft gestaltbar sind.
Deswegen fordert seit drei Jahren Larry Fink, CEO von BlackRock, diese Neuausrichtung von den Vorständen ein. Damit können und müssen sich die Unternehmen und Manager wieder vom Shareholder-Roboter zu ethisch gesteuerten Playern zur Mehrung eines echten Wohlstandes entwickeln. Für die Politik erscheint es vor diesem Hintergrund hochinteressant, wenn sich Friedrich Merz mit seinem Hintergrundwissen aus BlackRock wieder der Politik nähert. Fink schreibt in einem Brief 2019 and die wichtigsten Vorstände: „Unternehmen können nicht alle gesellschaftlich relevanten Probleme lösen. Jedoch gibt es viele – von der Alterssicherung und Infrastruktur bis hin zur Ausbildung von Beschäftigten für die Arbeitsplätze der Zukunft -, die sich ohne unternehmerische Führungsstärke nicht lösen lassen.”
Just do it: Den Leitfaden zum Aufbau unternehmerischer Führungsstärke finden Sie hier: „Unternehmen erfolgreich transformieren“